Deine Frau lebt noch” – und seine Welt geriet aus den Fugen.6 min czytania.

Dzielić

Regen fiel leise auf die marmornen Gräber des Friedhofs Rosengarten und verwischte die in Stein gemeißelten Namen. Trauernde in schwarzer Kleidung standen da, ihre Schirme gesenkt wie welke Blumen. Vorn hielt Friedrich die Hand seiner Tochter Lotte fest und starrte auf den Grabstein mit dem Namen seiner Frau:
Elisabeth Schmidt (1983–2025)

Es waren sechs Wochen seit dem „Unfall“ vergangen. Die Medien hatten von einem tragischen Verlust gesprochen, vom Tod der Frau, die als „das Herz der Schmidt AG“ bekannt war. Doch für Friedrich war Elisabeth keine Schlagzeile – sie war seine Welt. Er hatte ihre verbrannte Leiche selbst identifiziert. Er stand wie betäubt im Leichenschauhaus, als man ihm ihren Ring übergab – den gleichen, den sie nie abgenommen hatte.

Nun, als der Nieselregen heftiger wurde, spürte Friedrich, wie sich seine Brust erneut zusammenschnürte. Fast hätte er nicht bemerkt, wie sich eine kleine Gestalt durch die Reihen der Grabsteine näherte – ein schmächtiges Mädchen, etwa elf oder zwölf Jahre alt, in einem verblassten gelben Regenmantel. Ihre Schuhe versanken im nassen Gras, als sie neben ihm stehen blieb.

„Herr Schmidt?“, fragte sie mit zitternder Stimme.

Friedrich blinzelte, überrascht. „Ja?“

Die Augen des Mädchens huschten nervös umher, bevor sie ihn wieder ansah. „Ihre Frau … sie lebt noch.“

Die Worte trafen ihn wie ein Schlag. Für einen Moment glaubte er, sich verhört zu haben. Dann verhärtete sich sein Gesicht. „Was haben Sie gerade gesagt?“

„Ich habe sie gesehen“, flüsterte das Mädchen drängend. „Sie ist nicht tot. Sie halten sie irgendwo fest. Sie müssen ihr helfen.“

Friedrichs Trauer schlug in Wut um. „Das ist kein Spaß, junges Fräulein.“

„Ich lüge nicht!“, rief sie. „Sie hat mir ihren Namen gesagt – Elisabeth! Und sie bat mich, Sie zu finden!“

Bevor er reagieren konnte, rief eine Stimme hinter ihm seinen Namen. Friedrich drehte sich um – nur für einen Augenblick – und als er zurückblickte, war das Mädchen verschwunden. Im Regen verloren.

Zum ersten Mal seit Elisabeths Tod war Friedrichs Verstand nicht von Trauer erfüllt – sondern von Zweifeln.

In dieser Nacht fand er keinen Schlaf. Er durchlebte jedes Detail: den ausgebrannten Wagen, die verkohlten Überreste, die überstürzte Untersuchung. Es hatte sich alles zu sauber, zu perfekt angefühlt. Und nun hallte die Stimme einer Fremden in seinem Kopf: *Sie lebt.*

Bei Tagesanbruch hatte Friedrich seine Entscheidung getroffen. Er rief Jakob Weber an, seinen Sicherheitschef – einen Mann, der einst im Geheimdienst gedient hatte.

„Ich brauche Ihre Hilfe, den Fall neu aufzurollen“, sagte Friedrich. „Nicht als Tod – sondern als Verschwinden.“

Jakob runzelte die Stirn. „Glauben Sie, Elisabeth lebt?“

Friedrich sah ihn an, sein Kiefer angespannt. „Ich glaube nicht. Ich muss es wissen.“

Er drehte sich zum Fenster, wo der Regen wie Tränen die Scheiben hinabglitt. Irgendwo da draußen atmete seine Frau vielleicht noch – und jemand verbarg sie.

„Finden Sie heraus, wer das ist“, sagte er kalt. „Und warum.“

Mit Sonnenaufgang war Jakob Weber bereits am Werk. Er arbeitete seit fast einem Jahrzehnt für Friedrich Schmidt – loyal, diskret und effizient – doch er hatte seinen Chef noch nie so gezeichnet gesehen.

Das Penthouse-Büro des Milliardärs, sonst makellos, glich einem Kriegsraum. Karten des Unfallorts, Polizeiberichte und Geschäftsunterlagen waren über den Mahagonischreibtisch verteilt. Elisabeths Foto lag in der Mitte – lächelnd, strahlend, lebendig.

Jakob räusperte sich. „Sie wissen, was das bedeuten könnte. Wenn wir den Fall privat neu untersuchen, machen wir uns Behörden zum Feind.“

„Das ist mir egal“, entgegnete Friedrich eisig. „Ich habe meine Frau einmal begraben. Ich werde es nicht nochmal tun, ohne mir sicher zu sein.“

Jakob nickte. „Dann fangen wir von vorn an.“

Innerhalb weniger Stunden durchforstete sein Team sämtliche Aufzeichnungen der Unfallnacht. Was sie fanden, ließ beiden Männern das Blut in den Adern gefrieren.

Der Gerichtsmediziner, der die Autopsie durchgeführt hatte, war am nächsten Tag überstürzt in Rente gegangen und aus dem Bundesland verschwunden. Die Autopsiefotos fehlten in den Archiven. Das Kennzeichen des Wracks stimmte nicht mit Elisabeths Fahrzeugpapiere überein – das Auto war drei Tage vor dem Unfall ausgetauscht worden.

Es war, als hätte jemand die Wirklichkeit sorgfältig umgeschrieben.

Jakob lehnte sich zurück, sein Gesicht ernst. „Wenn das ein Unfall war, dann war er zu perfekt inszeniert. Jemand wollte, dass die Welt glaubt, sie sei tot.“

Friedrichs Hände zitterten, während er auf die Beweise starrte. „Aber warum? Wer würde ihr das antun?“

Jakob zögerte, bevor er antwortete. „Es gibt noch etwas. Ich habe Überweisungsdaten einer Ihrer Tochterfirmen verfolgt – Schmidt Gesundheitsinvestitionen. Vor sechs Wochen gab es eine große, undokumentierte Überweisung an eine Privatklinik in Bayern.“

Friedrich runzelte die Stirn. „Eine Klinik?“

Jakob nickte. „Eine, die sich auf Patienten ohne offizielle Existenz spezialisiert hat.“

Friedrichs Puls beschleunigte sich. „Geben Sie mir die Adresse.“

Zwei Tage später erreichten Friedrich und Jakob bei strömendem Regen das abgelegene Gebäude – ein grauer, fensterloser Bau, versteckt zwischen Kiefern. Das Schild verkündete *Rehabilitationszentrum St. Hedwig*, doch es wirkte mehr wie eine Festung als ein Krankenhaus.

Ohne Zugangserlaubnis gab Jakob sich als Investor aus. Im Innern roch es nach Desinfektionsmittel und Geheimnissen. Das Personal mied Blickkontakt. Akten waren hinter biometrischen Scannern verschlossen. Doch Friedrichs Blick blieb an etwas auf dem Flur hängen – einer Tafel mit Fotos „anonymer“ Patienten.

Ein Bild ließ sein Herz stehen bleiben.
Eine Frau, ihr Gesicht blass, aber unverkennbar – Elisabeth.

Ihre Haare waren kürzer. Sie wirkte dünner. Doch es war sie.

Friedrichs Kehle schnürte sich zu. „Sie ist hier“, flüsterte er.

Jakob machte schnell ein Foto, bevor eine Krankenschwester auftauchte. „Kann ich Ihnen helfen?“, fragte sie misstrauisch.

Friedrich zwang sich zu einem Lächeln. „Nein, danke. Wir gehen schon.“

Im Auto überprüfte Jakob das Bild auf seinem Handy. „Das ist der Beweis. Aber wenn sie hier unter falschem Namen ist, steckt jemand Mächtiges dahinter.“

Friedrichs Gedanken rasten bereits. „Ich will jeden Angestellten, jeden Arzt, jede Patientenakte dieser Klinik. Jemand hat sie hierhergebracht – und ich werde herausfinden, wer.“

In dieser Nacht fand Friedrich Lotte wach auf der Treppe sitzend, ihr Stofftier fest umklammert.

„Papa?“, flüsterte sie. „Das Mädchen vom Friedhof war wieder da.“

Friedrich erstarrte. „Was hat sie gesagt?“

Lotte sah ihn mit großen Augen an. „Sie sagte, Mama wartet auf dich. Aber du musst dich beeilen – bevor sie sie wieder wegbringen.“

Friedrichs Magen verkrampfte sich zu Eis. Wer auch immer „sie“ waren – sie wussten, dass er ihnen auf der Spur war.

Er sah Jakob an und sprach mit einer Stimme, die seine Angst kaum verbarg:
„Morgen gehen wir rein – egal, was es kostet.“

Am nächsten Morgen war Friedrich Schmidt nicht der geschliffene Milliardär, der Konferenzräume beherrschte. Er war ein verzAm nächsten Morgen war Friedrich Schmidt nicht der geschliffene Milliardär, der Konferenzräume beherrschte, sondern ein Ehemann, bereit, alles zu riskieren, um die Frau zu retten, die er liebte.

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