**Tagebucheintrag**
Nach drei langen Auslandseinsätzen hatte ich erwartet, direkt in die Arme meiner Familie zu fallen.
Doch als ich das Flugzeug am Flughafen München verließ, vibrierte mein Handy mit einer Nachricht von meinem Mann:
*„Komm nicht nach Hause. Die Schlösser sind ausgetauscht. Die Kinder wollen dich nicht. Es ist vorbei.“
Drei Sätze. Damit beendete Thomas fünfzehn Jahre Ehe.
Ich erstarrte in meiner vollen Uniform – die Orden auf der Brust glänzten, die Tasche schwer auf meiner Schulter.
Um mich herum umarmten sich Menschen, lachten, weinten. Doch für mich war die Welt stumm geworden.
Ich hatte Feuergefechte in Afghanistan überstanden… nur um daheim in einen Hinterhalt zu laufen.
Ich tippte drei Worte zurück:
*„Wie du meinst.“
Was Thomas nie verstanden hatte: Ich war auf Verrat vorbereitet.
—
Drei Jahre zuvor, vor meinem Einsatz, hatte mich meine Großmutter – Richterin Elfriede Bauer – in ihr Arbeitszimmer gerufen, die Wände voller Gesetzbücher und Urkunden.
Ihre Stimme war ruhig, abwägend, die einer Frau, die zu viel gesehen hatte.
*„Der Krieg verändert alle, Lina“, warnte sie. „Die, die gehen – und die, die bleiben. Schütze dich… und deine Kinder.“
Also tat ich es. Auf ihren Rat hin unterschrieb ich jedes Dokument: getrennte Konten für mein Einsatzgeld, strenge Vollmachtsgrenzen, einen Betreuungsplan, der sie zur Vormundin machte, falls Thomas versagte.
Das Haus, gekauft mit meinem KfW-Darlehen, blieb auf meinen Namen.
Thomas lachte, als er unterschrieb.
*„Du bist paranoid, Elfriede. Lina und ich – wir stehen fest.“
Nun, während ich auf seine Nachricht starrte, dankte ich still meiner „paranoiden“ Großmutter.
Denn ich hatte nicht nur Nachschubrouten geplant – ich hatte genau für diesen Hinterhalt vorgesorgt.
Minuten später klingelte mein Handel. Es war Markus Weber – mein Anwalt und ehemaliger Bundeswehrjurist.
*„Lina“, sagte er ohne Einleitung, *„Thomas hat gestern die Scheidung eingereicht. Behauptet, du hättest sie im Stich gelassen. Er will das volle Sorgerecht und Unterhalt.“
Ich presste meine Stimme fest.
*„Markus, erinnerst du dich an ‚Operation Heimkehr‘? Setz sie um. Alles.“
*„Mit Vergnügen, Hauptmann.“
Als ich in das Münchner Sonnenlicht trat, kam eine weitere Nachricht:
*„Ich bin mit jemandem zusammen. Nadine gibt den Kindern die Geborgenheit, die du nie konntest.“
Ich speicherte sie in einem digitalen Ordner, bereits gefüllt mit sechs Monaten Beweisen: Kreditkartenabrechnungen für Schmuck, Restaurantbesuche, Hotelübernachtungen; Screenshots verpasster Anrufe; unbeantwortete Videochats mit meinen Kindern.
Sein Verrat war nicht plötzlich gekommen. Es war ein langsamer Zerfall.
Ich erinnerte mich an meinen letzten Einsatz. Jonas war elf – tapfer, obwohl sein Kinn zitterte.
Lena, acht, klammerte sich an mein Bein und bat mich, Disneyland zu versprechen.
Zuerst klappte es. Tägliche Mails. Wöchentliche Videos. Päckchen hin und her.
Beim zweiten Einsatz erschien Thomas seltener. Er sei „zu müde“. Die Gespräche wurden kürzer – bis sie ganz ausblieben.
Beim dritten verloren wir Jonas und Lena.
Lena kam nicht mehr ans Telefon.
Jonas flüsterte: *„Papa sagt, wir sollen dich nicht stören.“
Dann die Kreditkartenwarnungen – teure Restaurants, eine Rechnung von Wempe, die angeblich für eine „Kundengattin“ war.
Mein Bauchgefühl sagte mir die Wahrheit.
Zwei Wochen vor meiner Rückkehr rief ich unangekündigt daheim an.
Eine Frau meldete sich. Nadine.
*„Ich helfe mit den Kindern“, sagte sie süß.
Später bestätigte meine Großmutter, was ich befürchtet hatte: Ein Möbelwagen lud Sachen in MEIN Haus.
Thomas hatte nicht nur weitergemacht – er hatte sich eingerichtet.
Er hatte mich aus dem Leben meiner Kinder gelöscht und mein Einsatzgeld für seine Fantasie verschwendet.
Doch er hatte einen Fehler gemacht: Er unterschätzte mich.
Logistikoffiziere hoffen nicht aufs Beste. Wir planen für das Schlimmste.
Auf einer harten Flughafenbank rief ich Markus an.
*„Jetzt“, sagte ich.
Ich legte alles vor: beglaubigte Papiere, getrennte Konten, den Betreuungsplan, den Grundbucheintrag, die digitalen Beweise.
85.000 Euro unberührtes Einsatzgeld.
*„Lina“, sagte Markus fast ehrfürchtig, *„du hast ihn ausmanövriert. Er dachte, er stellt dir eine Falle – doch DU hast das Schlachtfeld gebaut.“
In dieser Nacht blieb ich bei meiner Großmutter.
Sie hatte bereits Beweise gesammelt – Fotos von Nadines Auto in meiner Einfahrt, wie sie meinen Garten nutzte, ihren Namen auf Abholscheinen der Schule.
Die Schule führte mich sogar als „Familienverweigerin“. Lügen, die Thomas gestreut hatte.
Es zerbrach mich zu hören, dass Lena jeden Tag weinte, Jonas Prügeleien hatte und beide glaubten, ich hätte die Bundeswehr über sie gestellt.
Das war keine Affäre – es war psychologische Kriegsführung.
*„Protokoll Sieben“, sagte ich zu Oma. Der Sorgerechtsantrag.
Sie nickte. *„Läuft schon.“
Markus fror Konten ein, reichte Eilanträge ein, ließ jeden Cent prüfen, den Thomas ausgegeben hatte.
Am nächsten Morgen tobte Thomas in Nachrichten:
*Was hast du getan?
Das ist illegal!
Lina, wir müssen reden!
Seine Sicherheit zerbröckelte zu Panik.
Am Nachmittag rief sein Anwalt, verzweifelt um Verhandlung bemüht.
Ich antwortete vom Esstisch meiner Oma – Jonas und Lena safran Kekse neben mir, endlich sicher.
*„Herr Kollege“, sagte ich ruhig, *„Sie irren. Die gesperrten Konten sind MEINE. Das Haus? Rechtmäßig an Oma verkauft. Und was ‚Verlassen‘ angeht – Thomas hat jeden Einsatz genehmigt.“
Markus‘ Stimme war scharf wie Stahl.
*„Ihr Mandant hat die Kinder entfremdet, Bundesgelder missbraucht und seine Geliebte in das Haus einer Soldatin einziehen lassen. Soll ich weitermachen?“
Stille. Dann die Frage:
*„Was will Hauptmann Schröder?“
Ich zögerte nicht.
*„Ich will meine Kinder in Sicherheit. Die Scheidung. Und Thomas in 72 Stunden aus MEINEM Haus – sonst erstatte ich Anzeige.“
In diesem Moment sah Jonas auf, seine Stimme bebte.
*„Papa hat gesagt, wir sollen Nadine ‚Mama‘ nennen. Er meinte, du kommst nicht zurück.“
Ich zog ihn nah. *„Doch, Schatz. Ich komme immer zurück.“
Lena flüsterte: *„Papa sagt, du liebst uns nicht mehr.“
Tränen verschwammen meine Sicht. *„Kind, jeden Tag trug ich eure Fotos unter meinem Helm. Ich ging in den Krieg – für EUCH. Um euch zu beschützen.“
Am Telefon seufzte Thomas‘ Anwalt.
*„Wir akzeptieren ihre Bedingungen. Alle.“
Ein halbes Jahr später war die Scheidung durch.
Thomas ging leer aus.
Nadine verließ ihn, sobald das Geld weg war.
Vor dem Gericht fauchte er: *„Du hast das alles geplant. Du wusstest, ich würde dich betrügen.“
Ich hielt seinen Blick, fest und ohne zu zittern.
*„Nein, Thomas. Ich habe GEHOFFT, du würdest es nicht tun. Aber ich war vor*„Aber ich war darauf vorbereitet – denn Soldaten hoffen auf Frieden, doch sie rüsten sich für den Kampf.“



